Mittwoch, 29. Juni 2011

Der grüne Matriarchalismus

Zunächst möchte ich meine Leser auf diesen Vortrag von Frau Prof. Wirth aufmerksam machen. Es handelt sich um einen etwa 2.5-stündigen Vortrag. In ihm geht es um die Frauenfrage und die verkehrte Sicht der Feministen. Ich bedanke mich beim anonymen Kommentator für den Hinweis.

Techniker, Ingenieure und Vertreter der exakten Wissenschaften verspüren instinktiv einen Widerwillen gegen feministische Theorien. Feministische Theorien schließen sich an philosophische Systeme an, die von diesen Gruppen nicht verstanden werden. Zu esoterisch und damit zu vernunft- und wissenschaftsfeindlich, zu unverständlich sind deren Aussagen. Und zu anmaßend, dogmatisch treten Feministen auf. Selbst Feministen bemerken jedoch alle diese Probleme ausgerechnet am von mir so genannten grünen Matriarchalismus, über den Antje Schrupp erst kürzlich berichtete. An ihren Bericht schloß sich eine umfangreiche und interessante Diskussion an, an der sich auch einige Vertreter des grünen Matriarchalismus beteiligten. Die heftige Kritik von Feministen finde ich sehr erstaunlich. Natürlich treten einige grüne Matriarchalisten dogmatisch und autoritär auf, und bezeichnen sich oft als spiritualistisch, bekennen sich also unverhohlen zu Vernunft- und Wissenschaftsfeindschaft, und finden nichts dabei, okkulte Rituale zu praktizieren. Aber ausgerechnet im grünen Matriarchalismus findet man einen Anflug von Rationalität. Grüne Matriarchalisten verwenden in der Regel einen sinnvollen Begriff vom Patriarchat, was im Feminismus nicht selbstverständlich ist. Sie wissen auch, daß das Patriarchat sich in der Frühzeit der Menschheit herausgebildet hat, und, daß die längste Zeit die Menschen ohne das Patriarchat auskamen. Die Kritik am Patriarchat wird allerdings verkürzt, und läuft dann eben doch nur auf die Feindschaft gegen das männliche Geschlecht hinaus.

Groß ist der Mensch. Sein Verstand stiftet ihn dazu an, seine Umwelt seinen Bedürfnissen anzupassen und zu verändern. Er hat seine gesamte Lebensumwelt neugeschaffen. Er wohnt in Häusern, betreibt Landwirtschaft, fertigt seine Kleidung, die ihm hilft, in den gemäßigten Klimazonen zu überleben. Er erfindet, denkt, plant und handelt. Er schuf komplexe Theorien über sich und die Welt. Jedoch ist der menschliche Geist nicht dazu bestimmt, Differentialgleichungen zu lösen und Raketen zu bauen. Sinn und Zweck menschlichen Geistes ist die Organisation menschlicher Gesellschaft. Deshalb beeinflußt nicht nur Rationalität sondern auch Irrationalität menschliches Denken. Er beschäftigt sich mit Moral, stellt soziale Ansprüche an sich und seine Gesellschaft, bewertet alle Gegenstände, mit denen er sich beschäftigt, nach moralischen Maßstäben, und entwickelt eine emotionale Beziehung zu ihnen. Er teilt sie in Dinge ein, die ihm nützen, solche, die ihm schaden, und solche, die er bekämpfen muß.

Menschen denken nicht nur rational. Sie träumen auch. Zum Beispiel von einer besseren Welt, einer Welt ohne Ausbeutung, ohne Umweltzerstörung, von einer Gesellschaft, in der die Menschen ohne Beziehungskrisen miteinander auskommen, in der Frieden herrscht, und Gewalt und Armut aus ihr verbannt sind. Auch Techniker, Ingenieure und exakte Wissenschaftler träumen davon. Und sie träumen Menschheitsträume, Träume von ewiger Jugend und Gesundheit, von der Weltformel, die alles erklären kann, von Reisen zum Mars. Und sie träumen von gesellschaftlicher Anerkennung, die sie antreibt, diese Träume zu verwirklichen. Im Unterschied zu Grünen, Feministen und Esoterikern wissen aber Techniker, Ingenieure und exakte Wissenschaftler, daß man hart arbeiten muß, um Menschheitsträume verwirklichen zu können. Aus Erfahrung wissen sie, daß der Wert ihrer Erfahrung und ihres Spezialwissens davon abhängt, inwieweit sie den subjektiven Faktor, d.h. Moral, soziale Ansprüche, Wunschvorstellungen, emotionale Beziehung zum Gegenstand und jede andere Art Irrationalität zurückdrängen. Diese Gruppen verlangen nach klaren Begriffen und präzisen Beweisen, und lehnen Spekulationen und die meisten philosophische Systeme ab.

Auf den ersten Blick erscheint die Praxis asozial, Wissenschaft vom subjektiven Faktor freizuhalten. Emotionale Beziehungen zu Verstandesgegenständen führen aber im günstigsten Falle zu selektiver Wahrnehmung von Argumenten und Fakten, indem sie in moralisch einwandfreie und bedenkliche klassifiziert werden. In schlimmeren Fällen wirkt diese emotionale Beziehung destruktiv. Die alte Maxime "Töten, um zu leben" schützt die Menschheit vor ihren Feinden, aber gebiert auch das Ressentiment, und den Menschenhaß, wenn sich das Ressentiment gegen Teile der Menschheit richtet. Nun, niemand hat verlangt, daß Du Deinen Gegenstand hassen sollst. Aber aufgepaßt! Diese Maxime pflegt, sich gut zu verstecken. Die Maxime heißt auch "Liebe", Liebe für das Vaterland zum Beispiel, die Fremdenhaß bedeutet. Sie nennt sich gern "Empathie für Opfer". Da, wo es Opfer gibt, gibt es nämlich auch Täter. Täter vernichten Opfer, wenn sogenannte Täterschützer den Mob davon abhalten, die Täter zu vernichten. Opfer haben das Recht zur Notwehr. Sie dürfen Dinge tun, die den übrigen Mitgliedern der Gesellschaft nicht gestattet sind. Und sie haben ein Anrecht auf Unterstützung. Und die kommt wie von selbst. Sich einem Mob anzuschließen, schafft nämlich soziale Anerkennung und Identifikation. Vollkommen ehrenwert gelten die Taten dieses Mobs, die unter gewöhnlichen Umständen geächtet wären.

Grüne, Feministen und Esoteriker fordern den subjektiven Faktor in der Wissenschaft. Sie betreiben ihrer Meinung nach radikale Kritik am "System", an der Gesellschaft, wollen ihre Identität als bürgerliches Individuum, also als Mitglied ebendieser Gesellschaft, aber nicht in Frage stellen. Die gesellschaftlichen Normen, Vorurteile, das Selbstbild darf bei aller Radikalität nicht angetastet werden. Typisch für diese Radikalinskys ist daher eine Dichotomie, bei der das bürgerliche Subjekt die bürgerliche Gesellschaft bekämpft. Bekanntestes Beispiel sind gewisse Anhänger Gesells Zinskritik. Sie geben vor, gegen den Kapitalismus zu kämpfen. Der Zins gilt ihnen als leistungsloses Einkommen. Die Bezeichnung "leistungsloses Einkommen" legt nahe, daß dieses Einkommen moralisch nicht gerechtfertigt sei, weil es nicht durch "ehrliche Arbeit" erarbeitet wurde. "Ehrlich erarbeitet" hätten ihr Einkommen nur Unternehmer in der Realwirtschaft, die Arbeit & Wohlstand schüfen. Diese Anhänger kämpfen für die "Marktwirtschaft", die ihrer Meinung nach ganz was anderes ist, als Kapitalismus. In dieser "Marktwirtschaft" verdienten die Menschen ihr Einkommen alle durch "ehrliche Arbeit". Das alles ist nichts anderes als die kapitalistische Arbeitsideologie, die gesellschaftliche Norm des bürgerlichen Subjekts. Diese vorgeblichen radikalen Gesellschaftskritiker sind also die entschiedensten Verteidiger des kapitalistischen Gesellschaft.

Die Radikalinskys prägen für "die Gesellschaft" zwei Begriffe. Der eine Begriff charakterisiert die Gesellschaft moralisch abwertend. Gesellschaft nennt sich "Patriarchat" oder "Kapitalismus". Gegen diese Gesellschaft richtet sich radikale Kritik. Sie selbst identifizieren sich mit einem anderen Begriff, der eine Utopie oder ein Ideal bezeichnet und sich "Matriarchat" oder "Marktwirtschaft" nennt. Die Maxime lautet nun "Töte, um zu leben!". Dazu muß dem moralisch abgewerteten Gesellschaftsbegriff eine gesellschaftliche Partei zugeordnet werden. Begriffe können sich ja schlecht einander bekämpfen. So kommt es zur Personalisierung der Begriffe. Jetzt handelt diese Partei, die den positiv bewerteten Begriff repräsentiert, nach der Maxime "Töte, um zu leben!", und ruft den Mob zu Hilfe, um die Partei zu vernichten, die dem negativen Gesellschaftsbild entspricht. Gewisse Anhänger Gesells Zinskritik aber auch viele Globalisierungskritiker personalisieren den Kapitalismus im Juden, im überbezahlten Manager, im Bänkster. Die Rede ist dann vom "strukturellen Antisemitismus". Diese Rede übernehme ich aber höchst ungern, da ich die dabei zugrunde liegende Erklärung für den europäischen Antisemitismus zu einfach und zu unspezifisch finde. Feministen identifizieren in den Männern das Patriarchat. Diese personalisierte Feindschaft gegen ein Gesellschaftsbild gefährdet aber nicht nur die angefeindeten Personengruppen, sondern führt auch zu paradoxen Allianzen, sogenannten Querfronten. So bringen es angeblich antikapitalistische Linke fertig, sich mit den entschieden den Kapitalismus verteidigenden Kräften an der rechten Seite des politischen Spektrums zu verbrüdern, weil sie dieselben Feinde bekämpfen.

Grüne Matriarchalisten setzen dem Patriarchat die Utopie einer Weiberherrschaft entgegen, die es ihrer Meinung nach vor Urzeiten schon einmal gegeben haben soll. Diese Weiberherrschaft, das sogenannte Matriarchat, wünschen sie sich zurück. Dieses Matriarchat statten die grünen Matriarchalisten mit allen Merkmalen aus, die sie an der Gesellschaft wertschätzen. Das sind z.B. kulturelle Leistungen, hier dargestellt von Frau Dr. Kirsten Armbruster im folgenden Kommentar:

Die ersten und die elementar wichtigen Kulturleistungen wurden ebenfalls im mütterlichen Umfeld entwickelt. So finden wir die ältesten Bestattungen eine Kulturleistung, die uns von den Tieren unterscheidet schon 100 000 v. u. Z.. Das Feuer, was bis heute als Herdfeuer den Müttern zugeordnet wird, ist eine mütterliche Entdeckung. Die Sprache als Muttersprache die ich bereits erwähnt habe die Medizin aus Pflanzen, die sich aus dem Erfahrungsschatz des weiblichen Kollektivs entwickelt, die Kunst in den Höhlenmalereien, die wie Marie König genau beschrieben hat, einen mütterlichen Kosmos wiedergeben, einschließlich der Hörneranalogien mit den drei Phasen der Mondin, die Urmütterfigurinen von Tan Tan, von Berekhat Ram, vom Hohle Fels, von Laussel, von Dolni Vestonice, von Avdeevo, von Willendorf, von Lespugue, um nur einige aus dem Paläolithikum zu nennen. Aus der heiligen Menstruation heraus, wurde von den Müttern die ersten Kalender entwickelt. Dann um 11 000 v. u. Z. entsteht im mütterlichen Umfeld in Japan die erste Keramik, dann mit Beginn des Neolithikums und der Sesshaftigkeit entwickelt das Kollektiv der Frauen die ersten domestizierten Pflanzen, dann die Kunst des Spinnens und des Webens und schließlich wird auch die erste Schrift im mütterlichen Umfeld entwickelt, nämlich die Vincaschrift im Donauraum, eine sakrale Schrift auf Spinnwirteln und um das Umfeld von Hausaltären, die 2000 Jahre älter ist als die sumerische Keilschrift.
Ich hoffe, daß diese Fakten zutreffen. Ganz sicher bin ich mir da nicht. Zum Beispiel streiten sich die Gelehrten noch immer um die Bedeutung der Vinca-Zeichen. Ob diese Zeichen eine Schrift darstellen, oder überhaupt etwas bedeuten, und was sie bedeuten, wenn sie was bedeuten, hat sich nach meinem Kenntnisstand noch nicht feststellen lassen. Leider ging mit der Entwicklung menschlicher Kultur auch die Zerstörung der Natur einher. Für den Ackerbau mußten Flächen gerodet werden, diese Rodungen führen zu Bodenerosion, Viehzucht führt zu Überweidung, künstliche Bewässerung zur Bodenversalzung. So geht es weiter bis zum heutigen Tage. Diese mit den positiven Seiten eng zusammenhängenden negativen Seiten werden dem Patriarchat angelastet:
Das Patriarchat und die Überhöhung der Vaterschaft gibt es erst seit circa 6000 Jahren, und diese Überhöhung der Vaterschaft, diese Herrschaft der Väter hat der Welt überwiegend Zerstörung gebracht.
Hier erkennen wir sehr deutlich die schon angeführte Dichotomie des Gesellschaftsbildes. Diese Dichotomie, mit der Idealisierung des Matriarchats auf der einen Seite als Gegenkonzeption zum Patriarchat auf der anderen Seite führt zu Wirklichkeitsverzerrung und damit zu Unwissenschaftlichkeit. Gabriele Mirhoff bringt die Illusionen der grünen Matriarchalisten sehr schön auf den Punkt, in dem sie, wie sie angibt, David Signer zitiert:
Interessant am Kongress in Texas waren die Beiträge von Vertreterinnen aus «matriarchalen» Gesellschaften. Interessant auch deshalb, weil sie die Verallgemeinerungen der Veranstalterinnen durch ihre konkreten Berichte oft relativierten. So zeichnete etwa eine Vertreterin der Khasi in Indien ein Bild ihres immer wieder als matriarchales Paradebeispiel zitierten Volkes, das nicht gerade Göttner-Abendroths Ideal entsprach.

Die Khasi sind nicht demokratisch, stellte sie lakonisch fest. Es herrscht eine ausgeprägte Oligarchie, nur gewisse Clans haben Zugang zur Macht. Es gibt grosse Spannungen zwischen den Geschlechtern; die Männer empfinden die Matrilokalität als drückend, wo sie unter der Kontrolle ihrer Schwiegerfamilie leben müssen. Sie versuchen ausserhalb der Khasi zu heiraten. Die Scheidungsrate ist hoch und häusliche Gewalt alltäglicher als in allen anderen Gesellschaften der Region; Alkoholismus auch. «Matriarchat», sagte die Khasi-Frau, ist ein patriarchaler Ausdruck (generalisierend, totalisierend, polarisierend). «Man sollte zuerst einzelne Kulturen studieren und dann verallgemeinern, und nicht umgekehrt.

Wie man am vorletzten Satz deutlich erkennt, hängt Gabriele Mirhoff bzw. David Singer selbst feministischen Überzeugungen an. Offenbar stört sie die Begleiterscheinungen wissenschaftlichen Arbeitens, wie die Einführung neuer Termini, die natürlich das Denken in totalisierender, generalisierender Weise beeinflussen können. Kritisiert sie zwar den grünen Matriarchalismus für dessen idealisierte Sicht auf vor-pariarchalische Gesellschaften, fordert aber selbst den "subjektiven Faktor". Und natürlich lastet sie das angebliche Problem dem Patriarchat an. Typisch feministisch ist auch die Projektion ihrer Feindschaft auf die sie umgebende Gesellschaft, die ihre Feindschaft als Notwehr gegen die durch ihre Feindschaft ausgelösten Reaktionen hinstellt. Nicht der Begriff "Matriarchat" oder die Wissenschaft polarisiert sondern Feminismus.

Mittwoch, 15. Juni 2011

Farben mischen

Tom Krischak hat lange nichts von sich hören lassen. Es dauert schließlich eine Weile, Dutzende Blogs zu studieren. Ich mache schon mal weiter, denn seit der Einführung meiner Blogroll haben sich ein einige Veränderungen in der Blogroll ergeben.

Ob Ina Eff in der Blogroll bleibt, steht noch nicht fest. Auf der einen Seite stammen von ihr coole Texte, auf die mich einst der geschätzte Herr Daniel H. Rapoport aufmerksam gemacht hat. Einige Einträge in ihrer Blogroll mißfallen mir andererseits doch sehr. Offenbar geht ihre Zustimmung zu Felix Bartels Blog so weit, daß sie diese mit dem Eintrag zu Lyzis Blog bekräftigen muß, der nichts anderes leistet, als seine Leser mit seinem Ressentiment zu indoktrinieren. Blogger wie Lyzi müssen der Lektüre von Felix Bartels Artikel aufgesessen sein und überhaupt anscheinend in ihrem ganzen Leben noch nie etwas Vernünftiges gelesen haben. Ich habe ja ziemlich viele Moslemblogger in meine Blogroll aufgenommen, obwohl ich eigentlich konfessionslos bin, und Offenbarungsreligion für anachronistisch halte. Moslems werden unter Lyzis und Felix Bartels Ressentiments noch zu leiden haben, sollten sich ihre Ressentiments weiter verbreiten. So sollen auch muslimische Stimme zu hören sein.

Dem Vorwurf, ich sei Antisemit, kann ich nicht vorbeugen. So bekenne ich mich lieber gleich zu ihm. Das wäre auch für die Linkspartei besser so. Sie müßte dann nicht aus lauter Schiß vor Denunziation Auseinandersetzungen mit der zionistischen Ideologie aus dem Wege gehen.

Ich bin also Antisemit. Für mich ergibt sich die sogenannte Einstaatenlösung aus liberalen Grundsätzen. Ein jüdischer Staat widerspricht denselben. Für Andras Schiff, dem bekannten Klavierspieler, wünsche ich mir, daß er angstfrei in seinem Vaterland leben kann. Gegenwärtig herrschen da ja Zustände wie auf Lyzis Blog, einfach deshalb, weil Ungarn, sein Vaterland, sich als Staat der Ungarn versteht, und Andras Schiff nicht als echter Ungar gilt, den ungarischen Menschenhassern zufolge. Ein Staat, der seine Bürger in falsche und echte Bürger einteilt, und den echten Bürgern bessere Rechte zuteilt als den falschen, wird nicht nach liberalen Grundsätzen regiert. So ist das. Das gilt um so mehr, als es sich im Falle Israels bei den falschen Bürgern um die alteingesessene Bevölkerung handelt, und bei den echten um zugewanderte Kolonialisten.

Ich beurteile, wie der Leser erkennen muß, Staaten nach gleichen Maßstäben. Es wird ja immerzu behauptet, Antisemiten würden Israel nach anderen Maßstäben beurteilen. Das stimmt nicht. Ungarn unterziehe ich derselben Kritik wie Israel oder auch Argentinien, das erfolgreich die Einstaatenlösung für die vom Naziregime verfolgten und nach Argentinien geflohenen Juden praktiziert. Warum kommt diese Lösung für Palästina unter gar keinen Umständen in Frage? Weil in diesem Land eine terroristische politische Sekte das Szepter übernommen hat, die sich allein für legitimiert hält, das Judentum der ganzen Welt zu vertreten, und dabei den Menschenhaß in die Welt setzt und das Andenken an die Verbrechen der Nazizeit schändet. Diese Sekte behauptet doch glatt, der palästinensischen Bevölkerung würde nichts besseres einfallen, als über die neuangekommenen Juden herzufallen, einfach, weil Palästinenser so drauf sind, wegen diesem Großmufti von Jerusalem da, der ein Nazi war, und die Palästinenser dazu anstiftet, über die Juden herzufallen. Warum nur, fliehen Juden aus Nazideutschland dann vor ihren Häschern ausgerechnet nach Nazi-Palästina und nicht nach Argentinien? Komische Frage.

Überhaupt hat es die Phobie gegenüber der sogenannten Einstaatenlösung in sich. Es heißt ja, die Einstaatenlösung wäre die Endlösung der Judenfrage, einfach weil Moslems mit Juden prinzipiell nicht klarkämen. Daß die Jahrhunderte vor dem europäischen Kolonialismus das Gegenteil belegen, stört die Sektenanhänger nicht im geringsten. Moslems seien den Ideen der europäischen Aufklärung unzugänglich, heißt es wieder und wieder. Die Aufstände in der arabischen Welt anno 2011 belegen das Gegenteil. Der Islamismus bedrohe die Welt mit seiner vormodernen reaktionären rückwärtsgewandten Ideologie, um die Errungenschaften der Moderne rückgängig zu machen. Alles reine Verschwörungstheorie! Reaktionäre islamistische Despotien wie Saudi-Arabien stehen im besten Einvernehmen mit der westlichen Welt. Der real existierende Islamismus hat auch nicht das geringste Problem mit dem kapitalistischen Neoliberalismus. Fragwürdig ist Islamismus natürlich trotzdem genau wie jede andere Art Politsekte. Weitere zionistische Vorurteile, die die arabische Welt und den Islam betreffen, können bei Lyzis Freunden nachgelesen werden oder hier.

Ich weiß natürlich selbst, daß die Einstaatenlösung für Palästina unrealistisch ist. Das würde das Ende der zionistischen Sekte bedeuten. Ihre Forderung, daß das Existenzrecht Israel unbedingt von allen Seiten anerkannt werden müsse, bedeutet ja nichts anderes, daß diese zionistische Sekte ihre Macht behalten will. Zu ihrer Strategie gehört es ja, sich hinter dem Rücken des Juden zu verstecken, und zu behaupten, daß ihr geltende Vorwürfe den Juden gälten, und daher Antizionismus nichts als gut getarnter gewöhnlicher Antisemitismus sei. Doch die von dieser Sekte in die Welt gesetzten Vorurteile drohen auch mein eigenes Vaterland in ein Land zu verwandeln, das Bürger in falsche und echte unterteilt. So betreffen die Konflikte an der Levante auch mich, obwohl es nur um einen kleinen Landstrich geht, und der Konflikt nicht zu den allerallergrausamsten gehört. Denn seit einem halben Jahrhundert leben in meinem Vaterlande zahlreiche Türken. Wenn sich seine Bürger nicht offen zum Antizionismus bekennen, dann wird die Situation für diese Neuankömmlinge ungemütlich werden. Die von der zionistischen Sekte ausgestreuten Vorurteile finden nämlich große Zustimmung unter türkenhassenden fremdenfeindlichen Rechtsradikalen. Ein weiteres Verdienst dieser Sekte ist es, diese Menschenhasser von der Schuld an der bösen deutschen Vergangenheit freizusprechen, denn dazu fühlen sich Zionisten auch bevollmächtigt. Der Antisemitismus der Rechten sei ja von gestern und kaum der Rede wert. Dafür sind nun Linke schuld am Dritten Reich, denn Sozialismus und Nationalsozialismus sind ja mehr oder weniger dasselbe, weil beides totalitäre Systeme. Der Antizionismus der Linken sei ein weiteres Indiz, denn der belege ja den für den Nationalsozialismus charakteristischen antisemitischen Vernichtungswunsch. Menschenhasser zeigen sich für die ihnen von Zionisten erwiesenen Gunst dankbar. Sektenvertreter wie Ralph Giordano werden von Menschenhassern für seine Verdienste hochgeschätzt. Dank ihm trauen sie sich nun, ins Tageslicht zu treten, und gelten als respektabel. Diejenigen, die am liberalen Staatsverständnis festhalten, werden dagegen als Gutmenschen beschimpft, die die Augen vor der angeblich drohenden "Islamisierung Europas" verschließen würden. Und die Denunziationen dieser Sekte beschränken dazu noch die Möglichkeit, das liberale Staatsverständnis gegen diese fremdenfeindlichen Menschenhasser zu verteidigen. Wie schön für diese Menschenhasser! Gut gemacht, ihr Zionisten! Deshalb sehe ich gern Kübra ihren Protest gegen diese Sekte nach, auch wenn sie von nun an als Antisemitin gilt, mit denen man nicht diskutiert, sondern die man bekämpft (Felix Bartels).

Ergänzung (23. Juni 2011): Ina Eff bleibt.

Lyzis Blog ist ein wenig gaga, aber meiner ist es auch. Lyzi möchte unbedingt als Stalinist gelten und ich akzeptiere die Bezeichnung "Antisemit", um die mit diesen negativ konnotierten Labels verbundene Argumentation ins Leere laufen zu lassen.

Ergänzung (2. Juli 2011): Dieser von mir geschätzte Blogger macht mich auf diesen Artikel aufmerksam, dessen Lektüre ich dringend empfehle. Es zeigt sich nämlich, daß Antizionisten und zionistische Antiantisemitisten sich im Grundsatz einig sind, daß Gleichheit aller Bürger eines Staates und zionistische Staatsideologie sich langfristig logisch widersprechen, und daß man sich für eines von beidem entscheiden muß. Je nachdem, wie die Entscheidung ausfällt, wird man dann zum angeblich antisemitschen Antizionisten oder zum araberhassenden Zionisten.