Mittwoch, 20. April 2011

Wie die Pfeffersäcke die Menschheit zu Grunde richten - oder doch nicht

Seit mehreren Jahren schon beunruhigen die Wirtschaftsnachrichten die Bürger. Da krachen Banken und gehen Staaten pleite. Politiker bürgen mit Steuergeldern und behaupten, daß die Krise nun ausgestanden wäre. Doch das nehmen viele Bürger den Politikern nicht ab. Geheimnisvolle Dinge gibt es, die kein Mensch versteht, und richten großen Schaden an, Derivate, Hedgefonds, Kreditverbriefungen. Und weil alles so geheimnisvoll und unverständlich ist, machen sich Ängste breit. In solchen Stunden vertrauen Menschen Weltuntergangspropheten.

Eine dieser Weltuntergangsphilosophien ist die sogenannte Kritik am Zinssystem. Die gibt es in verschiedenen Formen: als Debitismus oder als Freiwirtschaftslehre, und bedient sich raffinierter Denkfehler. Vertreten werden diese Lehren von Leuten, von denen sich gewöhnliche Leute die Funktionsweise der Wirtschaft erklären lassen. Unter den Anhängern findet man sympathische Blogger. Andere Anhänger predigen den Weltuntergang wegen all der uneinbringlichen Schulden, die das Zinssystem ihrer Meinung nach notwendigerweise beständig hervorbringen würde. Die Pleiten der Banken und der Staaten, von denen wir aus den Medien erfahren, seien die schädlichen Wirkungen dieses Zinssystems, behaupten diese Zinssystem-Kritiker. Von Zeit zu Zeit führe das Zinssystem einen riesigen Kladderadatsch herbei so wie 1929 die Weltwirtschaftskrise. Nun sei es wieder Zeit dafür.

Doch all das ist großer Quatsch. ...behaupte ich. Doch schauen wir uns zunächst an, was diese Kritiker am Zinssystem auszusetzen haben, und dann, was an ihren Gründen verkehrt ist.

Stellen wir uns einen Kapitalisten vor, der Fahrräder produziert. Eines dieser Fahrräder koste 600 Pfund Stirling. Der Kapitalist möge 500 Pfund Stirling für jedes dieser Fahrräder aufwenden müssen, um es fertigen zu können. Diese 500 Pfund Stirling muß er als Lohn an seine Arbeiter, für die Rohstoffe, Werkzeuge und alles andere bezahlen, das er benötigt, um das Fahrrad herstellen zu können. Dem Kapitalisten bleiben 100 Pfund Stirling Gewinn für jedes seiner Fahrräder, das er verkauft.

Schauen wir uns dann an, was Paul C. Martin in seinem den Debitismus begründenden Buch "Der Kapitalismus - ein System, das funktioniert" über diese Situation aussagt:

Karl Marx hat uns fürwahr geholfen. Das Rätsel Kapitalismus ist endlich gelöst, wenn wir noch einmal seine entscheidenden Sätze auf der Zunge zergehen lassen: Wie kann nun die Kapitalistenklasse beständig 600 Pfund Stirling aus der Circulation herausziehen, wenn sie beständig nur 500 Pfund Stirling hineinwirft? Die Antwort lautet ein für alle mal: Sie kann es nicht!
Doch, sie kann es sehr wohl! Und das ist der erste und der entscheidende Fehler am Debitismus, der ihn zu Fall bringt.

Die meisten Leser haben dabei wohl folgendes Bild vor Augen: Da gibt es eine bestimmte Menge Geld in der Circulation. Jedesmal, wenn der besagte Kapitalist eines seiner Fahrräder verkauft, verdient der Kapitalist 100 Pfund Stirling, die er in seinen Sack stopft. Die Menge Geld in der Circulation nimmt dabei um 100 Pfund Stirling ab. Wenn also die Kapitalisten ihre Waren verkaufen, wird das Geld in der Circulation immer weniger, bis sich schließlich kein Geld mehr in der Circulation befindet, und sich alles Geld in den Säcken der Kapitalistenklasse angesammelt hat.

Nun, lieber Leser, wo steckt hier der Fehler?

Der Fehler besteht eben darin, daß Kapitalisten ihr Geld nicht in Säcken aufbewahren. Das tut unter normalen Umständen nämlich niemand. Stattdessen legen Kapitalisten ihr Geld bis auf den letzten Heller an, damit es "arbeitet". Davon haben die Kapitalisten nämlich mehr, als wenn sie ihr Geld in ihren Säcken verstecken würden, wo es keine Zinsen oder andere Erträge bringt. Kapitalisten besitzen also darum sehr wenig Geld, dafür aber um so mehr Vermögen, das sie für das Geld, das sie beim Verkauf ihrer Waren verdienen, erwerben. Sie erwerben Aktien, beteiligen sich an Firmen, oder leihen diesen Firmen ihr Geld. Mit diesem Geld kaufen diese Firmen ihrerseits Maschinen, Rohstoffe, Fabriken etc., die genau wie Lebensmittel, Wohnungen, Kleider von Arbeitern fabriziert werden müssen. Auf diesem Wege gelangen die 100 Pfund Stirling für jedes produzierte Fahrrad umgehend wieder in die Circulation.

Einen ganz ähnlichen Fehler begehen die Anhänger der Freiwirtschaftslehre. Hier sind es die Geldverleiher, die all ihr verdientes Geld in Säcke stopfen. Die Anhänger der Freiwirtschaftslehre nennen das Geld-Horten. Allen Ernstes schlagen sie vor, das Zinsnehmen zu verbieten, weil sie der Meinung sind, daß Zinsen das Geld-Horten belohnen würden. Dabei ist es doch gerade umgekehrt. Der Zins ist ja gerade die Motivation, alles verdiente Geld umgehend in die Circulation zurückzuwerfen, und sich Vermögen stattdessen anzuschaffen. Bargeld, das in Säcken schlummert, bringt schließlich keine Zinsen.

Damit ist die Zinskritik aber noch nicht zu Ende. Sie bietet noch mehr und raffiniertere Denkfehler. Hiervon berichtet eines der nächsten Blogbeiträge. Wir brechen hier ab. Dieser Blogbeitrag wird sonst zu lang. Bis bald. Wir hören voneinander.

Nachtrag (24. August 2011): Der angekündigte Folgebeitrag wurde auf Grund enthaltener Argumentationsfehler gelöscht.

32 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Bester Hausherr,

kein Zweifel, Kapitalismuskritik auf Zinskritik einzuköcheln ist eine absurde Versimpelung. Es hat was von Malthus, der auch streng mathematisch argumentieren wollte, wo die Gesellschaft als Ganzes hätte in Rücksicht genommen werden müssen.

Und trotzdem hat die Versimpelung etwas für sich. Sie macht gewisse Dinge augenfällig. Grundsätzlich ist ja richtig, daß Zins + Zinseseszins eine Exponentialfunktion ergeben. Die Exponentialfunktion ist die mathematische Beschreibung einer Explosion. Nichts in der Wirklichkeit wächst auf Dauer exponentiell. Für kurze Zeiten ist exponentielles Wachstum möglich, aber weil die Funktion nunmal über die Maßen wächst, stösst sie stets an natürliche Grenzen, verlangsamt sich, wird wieder flacher.

Eine Wirtschaft, die auf Krediten von Zins + Zinseszins basirt, spekuliert letztendlich auf ein exponentielles Wachstum. In der Tat hat ein solcher Zuwachs in den letzten 50 Jahren ungefähr statt gehabt (ca. 4-5% p.a.). Der Hauptgrund für einen derart lang anhaltenden exponentiell steigenden Ast waren vor allem (technische) Innovationen. Ohne die hätte es längst wieder, und wahrscheinlich mehrmals, kladderadatscht.

Aber natürlich ist absehbar, dass es so nicht weitergehen kann. Die Innovationen müssten immer schneller erfolgen, die Resourcen dürften nicht erschöpfen, die Arbeitsminute müssste von Minute zu Minute wertvoller werden...

Insofern ist die Zinskritik nicht gänzlich verrückt. Sie zeigt uns, wenngleich in Unkenntnis der wahren Gründe, daß der Maschinenraum unserer Gesellschaft unweigerlich überhitzen muss. Es muß nicht zur Explosion kommen. Aber ein reales Wachstum mit Zins & Zinseszins kann nicht aufrecht erhalten werden. Solches auf einfache Weise einsichtig zu machen, ist doch auch ein Verdienst. Odr?

georgi hat gesagt…

Liebe Ina!

Daß die Exponentialfunktion in der Wirklichkeit an natürliche Grenzen stößt, halte ich für ein Vorurteil. Wende doch einfach den Logarithmus an, wenn Du Dich vor ihrem Wachstum ängstigst! Dabei erhältst Du zwar auch eine Funktion, ein lineare Funktion nämlich, die über die Maßen wächst, aber Zinskritiker können dann wenigstens nachts durchschlafen.

An anderer Stelle habe ich ja schon geschrieben, daß Zinsen nicht exponentiell ansteigen. Wenn der aktuelle Zinssatz auf 4...5% steht, bedeutet das, daß es potentielle Schuldner gibt, die auf das eingesetzte Kapital mehr als 4...5% Einnahmen erzielen können, mit denen sie den Kredit tilgen könnten. Wenn es nicht so wäre, wäre ja niemand bereit, von Dir für 4...5% Zinsen Dein Geld zu leihen. Und wenn sie von Dir kein Geld leihen, müssen sich Kapitalisten auch nicht abhetzen, um die Zinsen zu erwirtschaften. Den zinsverursachten Wachstumszwang gibt es daher nicht.

Zinskritik fällt also als Krisenerklärungsansatz aus. Für ein viel größeres Verdienst halte ich es, populäre aber falsche Argumente zu entkräften. Das bewahrt u.a. linke und progressive vor verkehrten politischen Aktivitäten.

endless.good.news hat gesagt…

"Daß die Exponentialfunktion in der Wirklichkeit an natürliche Grenzen stößt, halte ich für ein Vorurteil."
Vor allem ist es nur eine Darstellungsform. Wenn Geld expotentiell wächst, die Wirtschaft aber nicht dann wird Geld einfach weniger Wert. Tausende Golderden wird es einfach nicht geben.

Anonym hat gesagt…

Sorry, aber hier wird Rosstäuscherei betrieben, weil das kapitalistische System nicht nach 1 Deal aufhört, sondern sich mit zunehmender Dauer im Rahmen einer Exponentialfunktion verschärft. Wer nie dran glaubte, sollte sich wenigstens durch die Realität eines besseren belehren lassen. Der Akkumulationsprozess von Vermögen/Schulden läuft seit WK II, und in den letzten Jahren standen wir mehrfach vor einem globalen Totalcrash, der nur mit überbordenden Staatsverschuldungen gestoppt werden konnte (GB´s Staatsschulden sind innerhalb eines Jahres um nahezu 20% gestiegen).

Das Beispiel mit dem Zugewinn des jungen Mannes ist wirklich blanker Unsinn. Viel interessanter ist nämlich der Gewinn der Bank. Die wird die 550 Pfund erneut für 10% verleihen, während die meisten jungen Männer - wir leben ja im Wettbewerb - nicht jedes Jahr 20% Gewinn machen werden. Zuckermans gibt´s halt weniger als Ackermänner. Die Banken als klassische Geldhalter profitieren von einem Vorteil, den andere Marktteilnehmer (Arbeiter; Anbieter) nicht haben: Anders als Ware verdirbt Geld nicht und kann deshalb länger gehalten werden. Daraus ergibt sich eine unverhältnismässige Machtposition (neudeutsch: "Systemrelevanz").

Und noch etwas: Der junge Mann hat, sofern er unternehmerisch tätig ist, Arbeiter und Angestellte. Was ist mit denen? Kriegen die auch jedes Jahr eine Lohnerhöhung von 20%, damit das System stabil bleibt?

@ endless.good.news

Zitat:
"Wenn Geld expotentiell wächst, die Wirtschaft aber nicht dann wird Geld einfach weniger Wert. Tausende Golderden wird es einfach nicht geben."

Gerade weil es sie nicht geben kann, besitzt die kapitalistische Ordnung einen Webfehler. Wobei ich nicht verlange, dass wir daran arbeiten, innerhalb von 2.000 Jahren Billiarden (nicht Tausende!) von Goldkugeln im Gewicht der Erde zu produzieren. Es würde genügen, das System so umzugestalten, dass die Wirtschaft nicht mehr nach den Regeln des exponentiellen Wachstums ausgerichtet wird.

georgi hat gesagt…

@anonymous: Kapitalismus funktioniert nicht. Richtig! Damit ist die Zinskritik aber längst nicht bewiesen.

1. Die 50 Pfund, die die Bank verdient hat, sind nicht schlimmer als die 50 Pfund, die der junge Mann verdient hat. Beide 50 Pfund werden zum großen Teil wieder investiert. Es spielt überhaupt keine Rolle, ob die 50 Pfund durch Zinsen oder auf andere Art errungen wurden. Wenn Du Dich also über den Zins aufregen möchtest, dann müßtest Du die ganzen 100 Pfund kritisieren, die man mit dem Geschäft des jungen Mann machen kann, nicht nur über die 50 Pfund, die die Bank dabei gemacht hat. Im Prinzip verdienen zwei am Geschäft, an dem, wenn es keinen Zins gäbe, nur einer verdient hätte. Das ist alles.
2. Die Bank trägt in einem gewissen Rahmen das Geschäftsrisiko mit. Sollte der junge Mann sein Geschäft nicht realisieren können, dann wäre nicht nur der junge Mann bankrott, sondern auch die Bank hätte ihr Kapital eingebüßt.
3. Die Eigenkapitalrendite des jungen Mannes ist viel höher als die der Bank. Die Eigenkapitalrendite der Bank beträgt 10%. Während die des jungen Mannes (50 Pfund / x) * 100% mit x dem Wert des Eigenkapitals. Betrüge das Eigenkapital 200 Pfund, dann hätte der junge Mann eine Eigenkapitalrendite von 25% erwirtschaftet. Der junge Mann wäre dann genauso gut wie Dein liebes Feindbild Ackermann.
4. Am Geschäft des jungen Mann kann man vielleicht nicht immer 20% verdienen. Da hast Du natürlich recht. Es gibt in manchen Jahren vielleicht 50% oder 75% her. Die Bank hat davon nichts. Sie bekommt ihre 10% und nicht mehr. Sollte das Geschäft des jungen Manns aber für längere Zeit nur 5% hergeben, dann sieht es auch böse für die Bank aus. Da endet dann auch das schöne Leben als Rentier und der Rentier wird stattdessen um seinen Schlaf gebracht.
5. Banken sind nicht klassische Geldhalter. Ich habe doch schon geschrieben, daß Banken nur ungern Geld halten. Sie wären doch schön blöd, wenn sie das täten. Die versuchen, ihr Geld arbeiten zu lassen, damit es Erträge bringt. Bitte lies noch einmal den vorvorletzten Absatz des Blogpostings! Geld arbeiten lassen sie zum Beispiel, indem sie sich am Geschäft des jungen Mannes beteiligen. Der junge Mann kauft von dem Geld, das er von der Bank geliehen hat, Arbeitszeit, Vorprodukte, Maschinen, Anlagen und andere Dinge. So kommt das Geld der Bank in den Umlauf und kann vom jungen Mann verdient werden, damit er die Zinsen bezahlen kann.
6. Geld verdirbt sehr wohl. Es verreckt wegen der Inflation. Da sind manche Realgüter langlebiger.
7. Der Kapitalismus ist ein System der Warenproduktion. Eine Ware ist ein Gut, das ausschließlich für den Austausch produziert wird. Warenproduktion bedeutet, ausschließlich für diesen Austausch zu produzieren. Betriebswirte setzen alles daran, den zeitlichen Abstand zwischen der Produktion und der Realisierung der Ware auf dem Markt so klein wie möglich zu halten, weil die Rendite um so höher liegt, je schneller die Ware auf dem Markt realisiert wird. Waren, die erst gelagert werden müssen, weil man erst auf Kunden warten muß, bevor sie verkauft werden kann, wird gar nicht erst produziert. Waren sind also grundsätzlich taufrisch und nicht so angegammelt, wie das Zeug, was auf Flohmärkten verkauft wird. Flohmärkte spielen eine untergeordnete Rolle im Kapitalismus. Die geringe Haltbarkeit von Waren spielt also überhaupt gar keine Rolle.

Warum müssen die Arbeiter & Angestellten jedes Jahr 20% mehr Gehalt bekommen, damit das System stabil bleibt? Verstehe ich jetzt nicht.

Anonym hat gesagt…

(P1)
Bester Georgi,

ich bin wahrhaftig keine Spezialistin in diesen Dingen und stets lernbegierig. Lassen Sie uns, um die Sache besser zu begreifen, ein bisschen miteinander plaudern: Natürlich bedeuten Zins + Zinseszins zunächst nur, daß ein investierter Euro nach, sagen wir Jahresfrist um 5 Cent vermehrt zurück kehrt. Daraus folgt allerdings sofort, daß mit zunehmenden Jahren immer mehr solcher Euros zur Verfügung stehen, die um 5% vermehrt werden können. Was unter Politökonomieaspiranten "Zirkulation" genannt wird, schwillt mit der Zeit an. Und zwar, wie ich die Sache sehe, rein formal: tatsächlich exponentiell. Da beißt die berühmte Maus kein Faden ab. Ich wüsste nicht, warum ich logarithmieren sollte. Es geht nicht um irgendwelche monoton wachsenden Funktionen, sondern um ein Wachstum, daß sich stetig steigert.

Ein lineares Wachstum ginge davon aus, daßs sich die Menge des eingesetzten Geldes nicht ändert. Daß, mit anderen Worten, stets x Geld eingesetzt wird, um damit ein Plus von y% zu erwirtschaften. Mit diesem Prozeß, denke ich, hätten die Zinsgegner kein Problem. Es verhält sich nur eben so, daß in der nächsten Kreditrunde nicht wieder x eingesetzt wird, sondern eben (x+y%). Woraus die bekannte progressive Steigerung mit all ihren Eigentümlichkeiten resultiert.

Wie schon in Richtung Malthus bemerkt, kommt es natürlich nicht darauf an, in der Mathematik Recht zu behalten. Man muss verstehen wollen, was mit ihr beschrieben werden soll. Was also ist der Zins? Ich meine, Zins ist im Grunde eine Wette. Der Kreditgeber wettet auf die zusätzlichen 5Cent, weil er annimmt, daß (ich spreche im Folgenden in Mittelwerten) irgendwo auf der Welt Wert geschaffen wird. Andernfalls bedeuteten die 5cent ja lediglich eine Abwertung des Geldes.

Folgen wir Marx, dann geschieht die Schaffung von Wert durch Aufwendung von Arbeit. D.h. irgendwo arbeitet jemand und vermehrt dadurch den Reichtum der Welt. Ich rede allgemein von Arbeit, also auch jener, die der Entrepreneur aufwendet; ich mache da absichtlich keinen Unterschied zwischen Herrschenden und Beherrschten. Ob die Arbeit im Geldverleihen besteht, oder im Pflügen, das ist zunächst egal. Es muss nur Wert entstehen.
(/P1)

Anonym hat gesagt…

(P2)
Haben wir das. Die Frage lautet nun einfach: Ist die Idee tragbar, daß der Reichtum der Welt zu jeder Zeit um ungefähr 5% pro Jahr vermehrt werden kann? Man wird zugeben müssen: Es hängt davon ab: 5% wovon? 5% von den Josephspfennig-Trilliarden wären immer noch Trilliarden, scheinen also zB. derzeit unerbringbar. Andererseits geht die Logik der Wachstumsbefürworter ungefähr so, daß jede Steigerung der Zirkulation auch ihre Potenz steigert, neue Steigerung zu bewirken - und zwar eben in dem Maße, wie sie anschwillt. Ich vermute, die Wahrheit liegt dazwischen. Es gibt die Josephstrilliarden, aber es sind wahrscheinlich keine Trilliarden.

Wenn ich sage, die Josephstrilliarden existieren,fragt man sich natürlich, wo zum Teufel all die Werte geblieben seien, die seit Joseph in die Welt gebracht sein müßten, wenn die - unbestreitbar wohl statt gehabte Arbeit - ein fortwährendes Wachstum des Reichtums in einer geometrischen Progression bewirkt hätte? Die Antwort ist nicht so ganz einfach. Einesteils ist es so, daß Werte nicht - wie Zahlen - in eine ideale Welt gebracht werden und dann dort bleiben. Sie vergehen wieder. Das Geschaffene verbraucht sich. Nahrungsmittel werden aufgegessen oder verderben, Geräte und Werkzeug gehen kaputt oder veralten, Häuser, Städte und Ländereien bleiben ungenutzt, werden mutwillig oder bei Katastrophen zerstört, vom Zahn der Zeit zernagt und zerfallen. Das beantwortet aber unsere Frage nicht. Denn dieser Verfall ist ja in den Wachstumsraten bereits aufgefangen. Wenn wir 5% Wachstum sagen, dann meinen wir auch 5% Wachstum, d.i. dann haben wir den verfallsbedingten Rückgang des Reichtums bereits mit einberechnet.

Wo also ist der Josephsreichtum? So ganz genau weiss ich es auch wieder nicht. Einesteils gibt es natürlich wesentlich mehr Menschen heutzutage, als im Jahre 0. Die Menschheit ist - grob gerechnet - tatsächlich exponentiell gewachsen. Es gibt einen einzigen Einbruch im 14./15. Jahrhundert, den hat die immer wieder ausbrechende Pest bewirkt. Von dem Rückgang abgesehen (er zog nur eine kleine Verzögerung des Wachstums nach sich), stieg die Weltbevölkerung exponentiell. Nimmt man also einen ebenfalls exponentiellen Anstieg des Reichtums an, kommen wir zu dem Resultat, daß zwar möglicherweise Unmassen von Reichtum erzeugt wurden - Trilliarden eben - daß diese Werte aber eben "verdünnt" in der Welt sind, aufgeteilt unter Milliarden Menschen.
(/P2)

Anonym hat gesagt…

(P3)

Selbst die Berücksichtigung der Ungleichverteilung der Reichtümer ändert wenig. Eine gigantische Ungleichheit von sagen wir 1:10^6 zwischen arm und reich, beispielsweise, fällt bei einer Gesamtmenge von 10^24 (Hunderte Trilliarden) nicht wesentlich ins Gewicht. Die Armen besäßen ungefähr 10^18 und die Reichen 0.999999*10^24 (also fast alles). 10^18 wäre aber immer noch ein beachtlicher Reichtum, selbst wenn er auf 10^10 Menschen aufgeteilt wäre (10^8 / Person). Es kann wie gesagt sein - ich kann das tatsächlich überhaupt nicht abschätzen - daß dieser Reichtum existiert. Natürlich nicht als Geld auf einer Bank, dann besässen selbst die Armen im Durchschnitt 100Millionen Geld. Aber eben so, als Gegenstände, als Umwelt, als Überkommenes. Andererseits gab es ja ständig Renormierungen durch Geldreformen. Dann gab es beschleunigte Wertvernichtungen durch Katastrophen und Kriege. Und es gibt einen nicht unerheblichen Wert, der einfach in Dingen schlummert, die irgendwann einmal hergestellt wurden und seither einfach da sind; kommunales Eigentum zB., wie Wälder und Parks. Aber ob die Summe dieser Güter, Verluste und "schlafenden Reichtümer" in ihrer Gesamtheit eben den Josephsreichtum ausmachen, und ein exponentielles Anwachsen des Reichtumes ergäben, weiß ich nicht.


Ehrlich gesagt habe ich das Gefühl - leider eben nur das Gefühl - daß die Menschheit keinen exponentiell gewachsenen Reichtum seit Joseph erzeugt hat. Andererseits - rein formal - kann man durch zwei gegebenen Punkte immer eine Exponentialfunktion legen. Der Exponent wäre eben entsprechend klein, aber, da der gesellschaftliche Reichtum nun einmal unbestreitbar (?) zugenommen hat, wäre er in jedem Fall größer als eins. Der Beibehalt dieses Exponenten führte unweigerlich irgendwann zur Explosion. Die Wahrheit aber ist - jetzt kommts - daß man den Koeffizienten wahrscheinlich immer weiter nach unten wird korrigieren müssen. Mag sein, er ist zur Zeit 1.001, dann ist er in weiteren 2000 Jahren eben 1.00001. Es werden, m.a.W. immer mehr Menschen, die auf immer effizientere Weise Wert schaffen. -- Diese "Korrektur" des Exponenten ist es, welche die Sache als Schummelei entlarvt. Eine Exponentialfunktion, deren Exponent sich asymptotisch an 1 nähert ist natürlich keine Exponentialfunktion mehr. Aber so, schätze ich, wird die Realität bestenfalls aussehen. Jeder Wachstumsprozeß in der Natur (soweit es mir bekannt ist) - mag er Organismen oder Populationen oder Gesellschaften oder Sonnen oder Schwarze Löcher betreffen -tritt endlich in eine Sättigungsphase.
(/P3)

Anonym hat gesagt…

(P4)
Letztlich. Was ich nun wirklich nicht gesagt habe, ist, es gäbe einen Wachstumszwang und der wäre zinsverursacht. Wachstumszwang kommt, wenn er denn überhaupt existiert, aus der Warenform, die sich u.a. als Konkurrenzdruck äussert. Nein, Zins + Zinsezins ist nur ein Ausdruck der bisherigen Wachstumserfahrungen, nicht aber Zwang zum Wachstum. In ihm kommt die zunächst harmlos aussehende Erwartung zum Ausdruck, dass eine Investition sich eben "lohnt". Die oben gestellte Frage - ob der Reichtum der Welt zu jeder Zeit binnen eines Jahres um 5% gemehrt werden könne - läßt sich auch als Frage nach dem Gesamtvolumen solcher Investitionen auffassen. Das Rätsel lautet, ob es eine obere Schranke dafür gibt?

Ich glaube tatsächlich, es gibt sie (wie auch für die Anzahl von Menschen, die diesen Reichtum erzeugen und unter sich aufteilen). Eigentlich ist es in Anbetracht der Tatsache, daß die Erde mehr oder minder Kugelgestalt hat, evident. Wenn der Mensch alles, was auf dieser Erde Platz hat - und meinethalben auch in ihr und um sie herum - wenn er also all diese Dinge durch sein Tätigsein in Bewegung gesetzt hat, bleibt schlechterdings nichts mehr übrig, um die Zirkulation weiter zu steigern. Der Gedanke mag etwas hergeholt klingen, aber er beschreibt im Grunde nichts anderes als den Fakt, daß jegliches Wachstum sich abflacht. So ist die Welt, scheints, nunmal eingerichtet. Wie gesagt, der Mensch kann Neues Schaffen und dadurch hat er z.B. Malthus widerlegt. Aber auch das Innovieren unterliegt gewissen Grenzen. Das Schranken-Beseitigen hat seine eigenen Schranken, die m.E. unter jeder Exponentialfunktion liegen, wofern deren Exponent >1 ist. Das wollte ich nur mal so einwerfen. Und jetzt kommst Du.
(/P4 & out)

georgi hat gesagt…

Liebe Ina!

Du gehst immer davon aus, daß Du jemanden findest, der Dein Geld leiht, und 5% p.a. Zinsen dafür gibt, und Dein Geld vollzählig wiederbringt. Davon kann man aber nicht ausgehen, auch wenn es derzeit so aussieht, als könnte man das, weil es ja genügend Sparkassen und Banken gibt, wohin man sein Geld auf Tagesgeldkonten, Sparverträgen etc. anlegen kann. Ob man sein Geld für 5% anlegen kann, hängt ja davon ab, ob es jemanden gibt, der 5% Zinsen durch irgendeine Wirtschaftstätigkeit erwirtschaften kann. Und wenn nicht, dann bieten Banken und Sparkassen einfach keine Sparverträge und Tagesgeldkonten an, und dann stehst Du da mit Deinen 1.05 EUR. und weißt nicht, wohin damit. An dieser Stelle endet nämlich die Zinseszins-Explosion.

Zinsen bewirken keinen Wachstumszwang. Es ist umgekehrt: Wachstum ermöglicht Zinsen. Das Wachstum selbst wird aber in den kapitalistischen Unternehmen bewirkt. Die leihen sich Geld von Dir, wenn sie wachsen möchten. Der Wachstumszwang geht von den kapitalistischen Unternehmen selbst aus, weil sie ihren Profit maximieren. Das Bestreben, den Profit zu maximieren, ist aber reiner Selbstzweck. Kapitalistische Unternehmen werden nicht durch Zinsen und Zinseszinsen "geknechtet". Zinsen werden von vornherein als Kostenfaktor einkalkuliert.

Also: Wenn Du etwas an der Wirtschaftsordnung verbessern möchtest, dann mußt Du schon das Kapitalverhältnis angreifen, die Kapitalverwertungslogik und alles, was damit zusammenhängt. Schwundgeld und Zinsverbote sind Forderungen, die einer zu kurz gesprungenen Kritik entstammen.

Anonym hat gesagt…

Nun, nichts anderen schrob ich ("Wachstumszwang kommt, wenn er denn überhaupt existiert, aus der Warenform, die sich u.a. als Konkurrenzdruck äussert. Nein, Zins + Zinsezins ist nur ein Ausdruck der bisherigen Wachstumserfahrungen, nicht aber Zwang zum Wachstum.").

Über "reiner Selbstzeck" läßt sich streiten. Das gleiche kann man vom Leben selbst behaupten. Natürlich lebt jedes Lebewesen, um zu leben. Es besteht aber - wie schon Aristoteles dargelegt hat (Praxis vs. Poiesis) - durchaus Sinn und Schönheit an Dingen, die um ihrer selbst Willen geschehen. Natürlich ist die Gesellschaft immer eine Sache, die auch Selbstzweck ist. Aber da die Gesellschaft sich durch diesen Selbstzweck verändert und Neues hervor bringt, erschöpft sich ihre Bedeutung nicht im Selbstzweck. Ich behaupte einmal jeder Fortschritt ist das Nebenprodukt eines Vorganges, der als reiner Selbstzweck in die Welt trat.

Aber das sind Nebendinge. In der Hauptsache stimmen wir darin überein, daß eine echte, fortgesetzte exponentielle Wertsteigerung unmöglich ist. Darauf wollte ich eigentlich nur hinaus.

georgi hat gesagt…

Tut mir leid, Ina, ich habe doch nicht alles auf einmal erfaßt. (P4) steht auch irgendwie im Widerspruch zu (P1) ... (P3).

Natürlich widerspricht sich kapitalistisches Wachstum selbst, da es an Grenzen stößt. Deshalb kommt es ja regelmäßig zu Wirtschafts- und Handelskrisen. Dann versuchen Regierungen die Kapitalverwertungsbedingungen zu verbessern, z.B. neue Absatzmärkte und Rohstoffquellen zu erschließen, die Wirtschaft einseitig auf den Export auszurichten, d.h. den Binnenmarkt zu zerstören, indem die Einkommen in der Binnenwirtschaft gedrückt werden, und dafür die ausländische Konkurrenz mit Billiglöhnen auszustechen etc.

georgi hat gesagt…

"In der Hauptsache stimmen wir darin überein, daß eine echte, fortgesetzte exponentielle Wertsteigerung unmöglich ist. Darauf wollte ich eigentlich nur hinaus."

Naja, so ganz einig sind wir uns nicht. Die Exponentialfunktion ist ja nichts als ein mathematisches Modell. Innerhalb mathematischer Modellwelten ist alles möglich, auch unbeschränktes Wachstum. Wenn man dann sagt, Exponentialfunktionen seien in der Natur unmöglich, weil es Schranken geben muß, einfach deshalb, weil es immer Schranken geben muß, dann ist das Hokuspokus, solange man nicht sagt, wodurch das Wachstum im vorliegenden Falle beschränkt wird, und welche Folgen diese Schranken und das Wachstum in der Natur haben. Einfach aus dem Umstand, daß die Zinseszinsfunktion eine Exponentialfunktion bildet, folgt zunächst einfach nichts.

georgi hat gesagt…

Wenn ich so wie die Zinskritiker argumentieren würde, dann könnte ich auch sagen, daß es keine stabilen Ökosysteme geben könnte, d.h. Ökosysteme sich grundsätzlich, da, wo sie auftreten, sich selbst vernichteten. Das läge einfach daran, daß alle in diesen Ökosystemen enthaltenen Tier- und Pflanzenarten sich exponentiell vermehrten. Diese Tiere und Pflanzen würden dann in exponentieller Geschwindigkeit den ganzen Planeten kahlfressen, bis nichts mehr da ist, was Tiere und Pflanzen fressen könnten. Und jedesmal, wenn es zu einer Ökokatastrophe kommt, wie z.B. der Austrocknung des Aralsees, dann würde ich mit dieser schiefen Argumentation daherkommen, und die Tiere und Pflanzen dafür verantwortlich machen, weil die sich exponentiell vermehren würden, und das nicht gut gehen kann, einfach, weil exponentielle Vermehrung nie gut geht. Dann würde ich anfangen, Ökosysteme zu entwerfen, in denen sich Tiere und Pflanzen nicht vermehren. etc. etc.

Das ungefähr ist die Logik der Zinskritiker.

tar hat gesagt…

"Auf diesem Wege gelangen die 100 Pfund Stirling für jedes produzierte Fahrrad umgehend wieder in die Circulation."

Wieso tilgt der Unternehmer hier denn nun nicht und entlastet belastetes Eigentum, wofür er seinerseits überhaupt erst Geld erhalten hatte, mit der er seine Produktion vorfinanziert hatte?

Deine Argumentation geht doch an dem von Marx und insb. Martin aufgeworfenen Dilemma vorbei, dass sich der erwartete Gewinn "der Kapitalisten" nur aus einer nachgelagerten Schuld ergeben kann. So gelangt man zum eigentlichen Ziel der Marktakteure: die Suche nach Nachschuldnern.

Dass der Unternehmer sich erneut verschuldet, ist ja eben nicht sein Ziel: er will sich entschulden und dem Risiko des Bankrotts entgehen.

Vielleicht nochmal ab Kapitel 2.6 nachlesen:

http://www.dasgelbeforum.net/sammlung/Martin,%20Paul%20C.,%20Der%20Kapitalismus%20-%20Teil%201.pdf

Gruß!

georgi hat gesagt…

Lieber tar!

OK. Nehmen wir mal an, der Fahrradunternehmer hätte sich die 500 Pfund von der Bank geborgt. Die Durchlaufzeit, d.h. die Zeit zwischen Kreditaufnahme und dem Zeitpunkt, an dem 600 Pfund für das Fahrrad erlöst werden, betrage ein Jahr. Der Zinsfuß 10%. Dann würde der Fahradunternehmer nach diesem einen Jahr statt der 100 nur noch 50 Pfund und die Bank ebenfalls 50 Pfund verdienen, denn der Fahrradunternehmer zahlt von den 600 Pfund, die er für das Fahrrad erhalten hat, das Kapital, also 500 Pfund und 50 Pfund Zinsen zurück. Beide Unternehmen, die Bank und der Fahrradunternehmer teilen sich also die 100 Pfund Gewinn unter sich auf. Der Kredit wäre vollständig abgezahlt. Was ist nun Dein Problem? Wer braucht jetzt wozu einen Nachschuldner?

tar hat gesagt…

"...denn der Fahrradunternehmer zahlt von den 600 Pfund, die er für das Fahrrad erhalten hat..."

Woher stammen denn die 600 bzw. wenn wir mal davon ausgehen, die Bank kauft das Fahrrad ein, die restlichen 100, die dann so wunderbar "aufgeteilt werden"?

Gruß!

tar hat gesagt…

Oder um es dir mal begreiflicher zu machen, betrachte die Geschäftsbank selbst als Unternehmen:

Dann können wir einfach bei "Geld" von Bargeld ausgehen. So ist klar, dass dafür erstmal irgendeine Geschäftsbank notenbankfähiges Eigentum belasten und bei der Zentralbank in Pension geben musste, bevor sie überhaupt Bargeld in Händen halten und weiterleihen kann.

Was ist nun ihr Ziel?

Das belastete Eigentum bei Fälligkeit wieder aus der Pension zu lösen und ein wenig Gewinn zu erwirtschaften. Es werden also nicht 500 + X an Einnahmen in Periode p erwartet, sondern 500 + X zum Fälligkeitstermin t!

Woher stammt nun aber das X bei t?

Das X kann nur aus einer über diese Fälligkeit hinausgehende, laufende Pension eines anderen belasteten Eigentums resultieren! DAS ist die Suche nach dem Nachschuldner (man reicht den schwarzen Peter weiter). Ob sie dabei selbst weiteres Eigentum in Pension gibt oder ein anderer, interessiert dabei nicht.

In der folgenden Periode stellt sich dann heraus, ob dieser Nachschuldner ebenfalls einen Nachschuldner findet, usw. Im Idealfall ist der Gläubiger der gefundene Nachschuldner (Kreis schließt sich) - und hier wird auch klar, dass sich aus der Nachschuldnersuche kein Kreditwachstumszwang (bzw. Schulden- oder Geldwachstumszwang) ergibt. Dieser resultiert vielmehr aus politischer Notwendigkeit (Wählergeschenke, Sicherung der Pfründe der eigenen Investoren).

Gruß!

georgi hat gesagt…

Das ist nicht begreiflicher. Um 500 Pfund an Bargeld zu halten, muß man nicht Eigentum verpfänden. Diese 500 Pfund können aus Arbeitseinkommen, Mieten, aus allem möglichem stammen.

Zum ersten Post:
Woher stammen die 100 Pfund, die die Bank und der Fahrradhersteller gern verdienen möchten? Antwort: Von ihnen selbst! Das ist verrückt. Aber so ist es. Die Bank und der Fahrradhersteller legen nämlich die 100 Pfund nicht unters Kopfkissen, und entziehen sie damit dem Umlauf, sondern investieren diese 100 Pfund umgehend, damit diese "arbeiten". Dazu überlassen sie irgendjemandem ihre 100 Pfund, und hoffen, daß dieser Jemand die 100 Pfund zuzüglich Kapitalerträge wiederbringt. Von diesen 100 Pfund kauft dieser Jemand dann Maschinen, Rohstoffe, Arbeiter etc., mit denen die Kapitalerträge und das Kapital, also die 100 Pfund, erwirtschaftet werden, oder auch Häuser und Konsumgüter, wenn die 100 Pfund an Verbraucher verliehen werden. So gelangen dann die 100 Pfund in den Umlauf, die Bank und Fahrradhersteller gemeinsam verdienen können.

tar hat gesagt…

"Um 500 Pfund an Bargeld zu halten, muß man nicht Eigentum verpfänden. Diese 500 Pfund können aus Arbeitseinkommen, Mieten, aus allem möglichem stammen."

Das ist ja eine wunderbar zirkuläre Erklärung. Dem Arbeitgeber, Mieter, alles-mögliche-Zahler ist das Geld dann wohl vorher in den Schoß gefallen? Oder der hat auch vorher gearbeitet, vermietet, usw. und es ist offenbar nie jemanden in den Schoß gefallen, sondern war schon immer irgendwie "aus allem möglichen" halt einfach so mal da?!

"Die Bank und der Fahrradhersteller legen nämlich die 100 Pfund nicht unters Kopfkissen, und entziehen sie damit dem Umlauf, sondern investieren diese 100 Pfund umgehend, damit diese "arbeiten"."

Wie können die 100 (bzw. 500) "in Umlauf" bleiben, wenn sie die Bank zur Zentralbank geschafft hat, um Schulden zu tilgen?

georgi hat gesagt…

Lieber tar!

1. Die 500 Pfund können auch von anderen verdient worden sein, der nun diese 500 Pfund "anlegen" möchte. Da gibt es Arbeitnehmer, die in privaten Rentenversicherungen sparen, Unternehmensgewinne etc. etc. Die verlangen gewöhnlich keine Sicherheiten, die man auslösen müßte. Neben Bankkrediten gibt es andere Wege, Kapital in Unternehmen zu schaffen, etwa Aktien, Anleihen, Beteiligungen etc. Die 500 Pfund sind zum großen Teil wirklich "einfach mal so da".

2. Wenn die zurückgezahlten Zinsen in der Notenbank auf Nimmerwiedersehen verschwinden, dann steigt auch die Schuldenlast exponentiell. Dann muß es die Inflation richten. Zu Karl Marx' Zeiten gab es Notenbanken aber noch nicht. Das debitistische Argument bezieht sich auf Karl Marx' "Kapital" und kann sich also nicht auf das "Zinsloch" der Notenbank stützen.

tar hat gesagt…

zu 1.
Welche "anderen" denn? Kalle Marx und Martin betrachten doch die Gesamtheit! Bringst du nun "andere" ins Spiel, sind DAS doch die gesuchten Nachschuldner, von denen Martin und ich sprechen. Was hast du da nun bitteschön am Debitismus widerlegt?

Geld (was man sparen, investieren, etc. kann) ist eben nicht "einfach mal so" da.

zu 2.
Seit wann "verschwinden" eigentlich Zinsen und wieso steigt bei Tilgung die Schuldenlast - auch noch exponentiell?

Ob Notenbank oder Marktteilnehmer XY ist auch vollkommen schnuppe, da sich generell ohne Nachschuldner keine zinsbehafteten Forderungen vollständig bedienen lassen.

georgi hat gesagt…

Lieber tar!

Zinsen verschwinden natürlich nicht. Auch nicht in der Notenbank. Wenn es aber im System irgendeine Stelle gäbe, in der Einkünfte auf Nimmerwiedersehen verschwinden würden, dann, ja dann, hättest Du mit Deinen debitistischen Argumenten recht. Dann wäre wirklich nicht so viel Geld im Umlauf, wie Schuldner zur Begleichung ihrer Schulden benötigen. Dann müßten ständig neue Schulden aufgenommen werden, um die alten begleichen zu können. Das würde dann zur Schuldenexplosion führen. Aber im Normalfall verschwinden Einkünfte ja nicht unter irgendwelchen Kopfkissen, sondern werden in den Umlauf gebracht. Der Fahrradhersteller und die Bank verdienen dann genau den Mehrwert, d.h. die 100 Pfund, die sie selbst in Umlauf gebracht haben.

Das ist vielleicht nicht einfach zu verstehen.

tar hat gesagt…

"Wenn es aber im System irgendeine Stelle gäbe, in der Einkünfte auf Nimmerwiedersehen verschwinden würden, dann, ja dann, hättest Du mit Deinen debitistischen Argumenten recht."

Du weißt schon, was Tilgungen sind?

"Aber im Normalfall verschwinden Einkünfte ja nicht unter irgendwelchen Kopfkissen, sondern werden in den Umlauf gebracht."

Tilgungen nicht.

"Der Fahrradhersteller und die Bank verdienen dann genau den Mehrwert, d.h. die 100 Pfund, die sie selbst in Umlauf gebracht haben."

Ob du es langsam mal verstehst: Es heißt "Wenn die Kapitalistenklasse beständig nur 500 in die Circulation hineinwirft..." - und nicht 500 Pfund und dann nochmal 100 Pfund zusätzlich.

Was sie da zusätzlich(!) an "Mehrwert" in Umlauf geben, ist mir schleierhaft - sind das nun die neuen Schulden, damit die 100 da sind - oder kommt das gar aus 'ner Schatzkiste? Dann braucht der Unternehmer aber auch nicht zu schuften - ein Handgriff genügt...

Eine Übersicht wäre schon hilfreich - mal ohne ominöse "andere" und sonstige Neuverschuldungen. Mir scheint nämlich, du hast weder Marx, noch Martin, noch den Debitismus kapiert.

georgi hat gesagt…

Lieber tar!

Wie macht der Fahrradunternehmer und die Bank das, den Mehrwert in die Circulation zu werfen? Antwort: Indem sie den entweder konsumieren oder investieren. Die beiden kaufen dann Aktien, Beteiligungen, Maschinen oder was anderes von den erwirtschafteten 100 Pfund. Den beiden gehört kurze Zeit, nachdem ein Fahrrad verkauft wurde, später die 100 Pfund nicht mehr. Die 100 Pfund sammeln sich also nicht bei den beiden Unternehmen an.

In nächster Zeit habe ich erstmal keine Zeit, eine Übersicht zu machen. Vielleicht komme ich Ende September dazu. Ein "anderer" wurde stillschweigend vorausgesetzt. Das sind die, die 500 Pfund pro Fahrrad bekommen.

tar hat gesagt…

Es wird überhaupt kein "Mehrwert" irgendwo reingeworfen, sondern alle werfen insgesamt "beständig 500 Pfund" rein. D.h. nicht 100, nicht 600 - nein, es sind 500 insgesamt FUCKING PFUND.

Zeitpunkt t: 500 Pfund
Zeitpunkt t+1: 600 Pfund

Die Frage, wo die 100 Pfund Differenz nun herkommen (die auf wundersame Weise erwirtschaftet werden sollen), hast du nachwievor nicht beantwortet. Stattdessen verwechselst du Fluss- und Bestandsgrößen.

Wenn du dann immer noch von "anderen" ausgehst, dann redest und kritisierst du komplett am Thema vorbei. Die "anderen" werden nämlich von dir vorausgesetzt, aber nicht von Marx. Und Martin bezeichnet die "anderen" eben als Nachschuldner, die es zu finden gilt und nennt das ganze Spiel Debitismus.

Gehst du also weiterhin von anderen aus, bestätigst du den Debitismus.

Und nochmal zu deinem Beispiel zurück:

Der Fahrradhersteller leiht sich bei seiner GB 500 Pfund zu 10%. Diese 500 Pfund musste sich die GB irgendwoher besorgen. Entweder vom Publikum (wo hatte das Publikum dieses Geld her?) oder von der Zentralbank. Egal wie, die GB hat Verbindlichkeiten in eben dieser Höhe beim Publikum oder bei der ZB - und hier vergessen wir die zugehörigen Zinslasten der GB mal nicht, gelle?

Von diesen 500 Pfund stellt der Fahrradhersteller Fahrräder her, d.h. er bezahlt vereinfacht bspw. einem Angestellten 500 dafür und verkauft das Fahrrad nun an den einzigen, der in diesem Beispiel derzeit über Geld verfügt: den eben genannten Angestellten. Der hat aber nunmal nur 500 Pfund, weil überhaupt nicht mehr Geld existiert. Will der Fahrradhersteller noch mehr Geld haben (weil Zinslasten und Gewinnerwartung), müsste sich irgendjemand dafür zusätzlich verschulden.

Sagen wir bspw. die GB kauft ihm das Fahrrad für 600 ab (als Dienstfahrzeug) - sie braucht also nochmal mind. 50 Pfund (der Kredit wird direkt gegengerechnet) extra (birgt für die GB ebenfalls wieder Kosten). Dann hat der Fahrradhersteller keine Schulden mehr und sogar 50 Pfund Reingewinn (hier schlägt das Finanzamt nochmal zu - aber egal). Die Bank hat nun ein tolles Fahrrad, aber weiterhin laufende Verbindlichkeiten (belastetes Eigentum) in Höhe von 550 Pfund (du erinnerst dich: der Angestellt hält 500 Pfund und der Fahrradhersteller 50 Pfund).

Kurz: der vom Fahrradhersteller gesuchte Nachschuldner war die GB, die sich zur Bezahlung des Fahrrads zusätzlich verschuldete.

Sagen wir, die GB gibt exakt 550 Pfund, dann hat der Fahrradhersteller keinen Gewinn (wozu dann der HickHack), aber die GB weiterhin Verbindlichkeiten i.H.v. 500 Pfund (Geld des Angestellten). Auch hier ist sie als Nachschuldner eingesprungen.

Sagen wir, die GB gibt höchstens 500 Pfund, dann hat der Fahrradhersteller Verlust gemacht. Er geht insolvent und die GB pfändet in seine Insolvenzmasse. Wenn die GB nun Glück hat, kann sie die irgendwie verwerten (beim Angestellten) und senkt damit ihre laufenden Verbindlichkeiten ab (bestenfalls auf 0). Sollte es leider nichts zu verwerten geben, schaut die GB in die Röhre und ist nun selbst vom Bankrott bedroht.

Jetzt kannst du dir zwar gerne noch 80 Akteure dazudichten - das ändert an diesem Grundprinzip der Nachschuldnersuche nur rein gar nichts.

georgi hat gesagt…

Na, also gut, lieber tar! Stellen wir mal folgendes Modell auf. Das ist unrealistisch, zeigt aber, daß die Zinswirtschaft allein nicht zur debitistischen Schuldenexplosion führen kann:

Wir haben 3 Akteure:
* die Bank,
* den Fahrradhersteller,
* einen Goldbarrenhersteller, der Anlageobjekte für alle 3 herstellt.

Und wir haben 3 Angestellte:
* Bernhard bei der Bank,
* Frank beim Fahhradhersteller,
* Gerhard beim Goldbarrenhersteller

Wir betrachten den stationären Fall in der folgenden Geschichte, die sich unablässig wiederholt:

Der Fahrradhersteller stellt in einem Jahr ein Fahrrad her. Hierfür laufen folgende Dinge ab:

Der Fahrradhersteller bekommt:
* von der Bank 500 Pfund,
* von Frank 500 Pfund für 5/6 Fahrrad,
* von Bernhard 30 Pfund für 1/20 Fahrrad,
* von Gerhard 67 Pfund für 67/600 Fahrrad,
* von allen drei Unternehmen jeweils noch einen Pfund für 1/600 Fahrrad

und er gibt ab:
* an die Bank 550 Pfund,
* an Frank 500 Pfund,
* an sich selbst 1 Pfund für 1/600 Fahrrad,
* an den Goldbarrenhersteller 49 Pfund

Alle Zahlen addiert: ergibt null. 1/600 Fahrrad pro Jahr muß man freilich statistisch sehen, d.h. alle 600 Jahre kauft sich die Bank ein Fahrrad.


Die Bank bekommt:
* vom Fahrradhersteller 550 Pfund

Die Bank gibt ab:
* an den Fahrradhersteller 500 Pfund (Kredit),
* 1 Pfund für 1/600 Fahrrad an den Fahrradhersteller,
* 30 Pfund für Bernhard,
* 19 Pfund an den Goldbarrenhersteller

Alle Zahlen addiert: ergibt null.


Der Goldbarrenhersteller erhält:
* von der Bank 19 Pfund,
* vom Fahrradhersteller 49 Pfund,
* von sich selbst 32 Pfund

und er gibt ab:
* an den Fahrradhersteller 1 Pfund für 1/600 Fahrrad,
* an Gerhard 67 Pfund,
* von ihm selbst 32 Pfund

alle Zahlen addiert: ergibt null. Man sieht, wie sich bei den Unternehmen die Goldbarren stapeln, aber keine Schuldenexplosionen.

tar hat gesagt…

Danke für dein Modell. Nun lass mich das bitte mal in debitistischer Manier in zeitlicher Abfolge für dich aufdröseln – das fehlt leider bei deiner Darstellung komplett:

> Der Fahrradhersteller bekommt von der Bank 500 Pfund

Wir befinden uns am Anfang der Periode, bei Zeitpunkt t.

Hier findet die Vorfinanzierung des Fahrradherstellers statt, um die Herstellung des Fahrrads bei Frank zu finanzieren. Er reicht es meinetwegen augenblicklich an Frank weiter und hat damit seine Schuld bei Frank getilgt. Da es hier ja um Zinsen geht, verursacht diese Vorfinanzierung nicht nur beim Fahrradhersteller (der muss zur GB), sondern auch bei der Geschäftsbank zusätzliche Kosten (die GB muss zur ZB). Daher bei Martin auch “Vorfinanzierungskosten“ genannt. Die Produktion des Fahrrads beginnt.

> Der Fahrradhersteller bekommt von Frank 500 Pfund für 5/6 Fahrrad

Wir befinden uns nun am Ende der Periode, bei Zeitpunkt t+1.

Das Fahrrad wurde hergestellt,. Frank kann aber die Erlöserwartung des Fahrradherstellers nicht vollständig erfüllen, da der Fahrradhersteller bekanntlich nur 500 "in die Zirkulation" geworfen hat. Es braucht also zusätzliche Akteure, die sich nun für den Fahrradhersteller verschulden müssen, damit dieser im Folgenden tilgen kann und zusätzlich einen Gewinn erhält. Und die finden wir hier:

> Der Fahrradhersteller bekommt von Bernhard 30 Pfund für 1/20 Fahrrad

Wovon nur hat die Bank Bernard bezahlt, wenn sie doch die Zinseinnahmen vom Fahrradhersteller erst erhalten kann, nachdem dieser von seinen Kunden bezahlt wurde? Das kann die Bank nur, indem sie sich zusätzlich bei der ZB verschuldet, um eben diese 30 Pfund "in die Zirkulation" zu werfen.

> Der Fahrradhersteller bekommt von Gerhard 67 Pfund für 67/600 Fahrrad

Also entweder hat sich die Geschäftsbank nun um weitere 67 verschuldet oder Gerhard. Als Einnahme kann Gerhard sie ja bisher kaum verbucht haben, da der Fahrradhersteller ja den Goldbarrenhersteller nicht bezahlen kann, bevor er sein Fahrrad endlich mal verkauft hat und seine Kunden ihn dafür auch bezahlt haben. Logisch wäre eine Verschuld des Goldbarrenherstellers bei der Geschäftsbank, damit er die Herstellung der Goldbarren bei Gerhard vorfinanzieren kann, den er bezahlt. Es läuft bei ihm wie beim Fahrradhersteller.

Du scheinst hier die zeitliche Abfolge komplett zu ignorieren!?

> Der Fahrradhersteller bekommt von allen je 1 Pfund für 1/600 Fahrrad

D.h. Bernhard kauft also eigentlich 31/600 und Gerhard 68/600. Wieso schreibst du es nicht gleich so hin?

Die Einnahmen sind nun abgeschlossen. Es befinden sich in Zirkulation:
- 500 (vom Fahrradhersteller)
- 31 (von der Geschäftsbank)
- 68 (vom Goldbarrenhersteller)

Macht summa summarum: 599. Da fehlt schon mal 1 Pfund – wo kommt es her? Sagen wir mal, die Bank kauft noch 1/600 – dann passts, gell? Und seltsamerdings wurden nicht 500, sondern 600 "in die Zirkulation" geworfen, weil sich der Goldbarrenhersteller und die Geschäftsbank um zusätzliche 100 verschuldeten.

tar hat gesagt…

Nachdem der Fahrradhersteller nun sein Fahrrad hergestellt, verkauft und Zahlungen erhalten hat, kann er selbst Zahlungen vornehmen:

> Der Fahrradhersteller zahlt die an die Bank 550 Pfund

Das kann er freilich nicht, bevor er nicht Einnahmen erhalten hat. Selbst hat er nur 500 "reingeworfen" (an Frank) – der Rest stammt nun von anderen Akteuren – den zu findenden Nachschuldnern. Die hat er ja glücklicherweise gefunden ;)

Seinen Kredit kann er nun endlich samt Zinsen tilgen.

> Der Fahrradhersteller zahlt an Frank 500 Pfund

Diese hat er ihm bereits vor dem Fahrradverkauf ausbezahlt, siehe weiter oben.

> Der Fahrradhersteller zahlt an sich selbst 1 Pfund für 1/600 Fahrrad

Gut, er hält 1 Pfund bar.

> Der Fahrradhersteller zahlt an den Goldbarrenhersteller 49 Pfund

Ok.

Also am Ende der Periode siehts so aus:
- Frank, Gerhard und Bernhard haben jeweils 0 Pfund, keine sonstigen Forderungen und Verbindlichkeiten.
- der Fahrradhersteller hat 1 Pfund und 0 Verbindlichkeiten, da er 500 plus 50 Zinsen getilgt hat.
- Der Goldbarrenhersteller hat 49 Pfund und 74,8 Pfund Verbindlichkeiten bei der Geschäftsbank (68 Kreditaufnahme plus 6,8 Zinsen)
- Die Geschäftsbank hat 550 Pfund und 74,8 Pfund Forderungen an den Goldbarrenhersteller, sowie 600+x Pfund Verbindlichkeiten bei der ZB.

Variante 1)
Sagen wir mal, die Letzteren tilgen nun fleißig:
- Der Goldbarrenhersteller hat 0 Pfund und noch 25,8 Pfund Verbindlichkeiten bei der Geschäftsbank ⇒ er ist gerade insolvent/Bankrott gegangen
- Die Geschäftsbank hat 0 Pfund und 25,8 Pfund Forderungen an den Goldbarrenhersteller, sowie 1+x Pfund Verbindlichkeiten bei der ZB ⇒ die Geschäftsbank ist gerade insolvent/Bankrott gegangen

Um die Insolvenz/den Bankrott zu vermeiden, müssen sich beide vor der Tilgung zusätzlich um die jeweils fehlenden Beträge verschulden oder anderweitig Einnahmen vorweisen. Nur woher kommen die?

Variante 2)
Springen wir mal gedanklich noch vor die Tilgung zurück und gehen von deinen weiteren Transfers seitens der Geschäftsbank aus. Die Geschäftsbank gibt also ihre kompletten Einnahmen wieder aus, hat aber noch Verbindlichkeiten bei der ZB i.H.v. 600+x. Wie und wann tilgt die Geschäftsbank ihre Schulden?

Der Goldbarrenhersteller hat nun insgesamt 68 Pfund, d.h. er kann zwar den Kreditbetrag tilgen, aber nicht den Zinsbetrag. Er bleibt der Geschäftsbank 6,8 Pfund schuldig. Woher nimmt er eigtl. die 32 Pfund, die er sich nun noch selbst zahlen will?

Irgendwie entkommen die so der Insolvenz nicht. Vielleicht sollte nun die ZB eingreifen? ;)

Wie funktioniert das Ganze nun ohne Zusatzverschuldung?
Wie ist denn die zeitliche Abfolge aus deiner Sicht? Ohne die taugt dein Modell halt leider nicht viel.

Gruß!

georgi hat gesagt…

Hallo tar!

Ich habe einen eingeschwungenen Zustand betrachtet, einen Zustand also - naja - nach 500 Jahren Geschichte des Kapitalismus. Wie das System in den beschriebenen Zustand gelangte, habe ich nicht beachtet.

Ansonsten gibt es ja noch das Mittel des Liquiditätskredits ohne Laufzeit und damit auch ohne Zinsen. Ha, was es nicht alles gibt! Es gibt da auch noch andere Methoden, Liquiditätsengpässe zu vermeiden oder zu überwinden.

Fangen wir gleich mal an! Die Bank zahlt dem Fahrradhersteller die Kreditsumme, also 500 Pfund aus. Der Fahrradhersteller gibt sie umgehend an Frank weiter. Frank hat nun 500 Pfund Guthaben, der Fahrradhersteller 500 Pfund Schulden bei der Bank. Das Fahrrad wird nun gefertigt.

Nach einem Jahr befinden wir uns in einem Deadlock. Der einzige, der Geld besitzt, ist Frank, und seine 500 Pfund reichen nicht aus, ein Fahrrad zu erwerben. Der Fahrradhändler kann sein Fahrrad nicht losschlagen, und seinen Kredit bei der Bank nicht abzahlen. Und auch alle übrigen Marktteilnehmer im Modell sind arm wie Kirchenmäuse. Nicht einmal das aus der Forderung gegenüber dem Fahrradhersteller bestehende Vermögen der Bank hilft hier weiter, denn solange der Fahrradhändler illiquide ist, ist auch diese Forderung wertlos. Aber zum Glück gibt es diese famosen zinslosen Liquiditätsüberbrückungskredite.

Nach einem Jahr passiert folgendes: Die Bank nimmt bei sich selbst einen der Liquiditätskredite auf und zwar über den Betrag von 31 Pfund. Der Fahrradhändler einen über einen Pfund, der Goldbarrenhersteller einen über 68 Pfund. Die Bank und der Goldbarrenhersteller zahlen damit ihre Angestellten aus. Alle sechs kaufen nun gemeinsam das Fahrrad. Unverzüglich zahlt der Fahrradhersteller seine ausstehenden Kredite zurück. Genau im selben Augenblick kaufen alle drei Unternehmen ihre Goldbarren und tilgen ihre Überbrückungskredite vollständig. Das alles geschieht blitzschnell, so daß Zinsen überhaupt nicht anfallen.

Alle Kredite sind nun gelöscht. Auch nun ist die debitistische Schuldenkatastrophe ausgeblieben.

tar hat gesagt…

Aha. Jetzt wird also "blitzschnell" der Zins ausgetrieben, der ja eigentlich laut dir gar kein Problem darstellt. Na, dann...

Super Kritik... echt... ich bin dann mal weg...

georgi hat gesagt…

Ja, tar, das ist halt in diesem Modell so. Da gibt es doch noch viel mehr Merkwürdigkeiten in diesem Modell: konstanter Zins, nur eine Handvoll Marktteilnehmer, kein Staat etc. etc. Wenn die Liquiditätskredite Kosten verursachen, dann gibt es irgendjemanden, für den diese Kosten Einnahmen darstellen. Und die werden entweder dem Fahrradhersteller zum Konsumieren übergeben oder dem Goldbarrenhersteller zum Investieren übergeben. An der Dynamik der Schuldenentwicklung ändert sich dadurch im Grundsatz nichts.

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