Die Wissenschaftsseiten der Zeitungen schreiben ja recht häufig über die Erfolge von Wissenschaftlern. Sehr oft handelt es sich dabei um statistische Studien. Die beweisen zum Beispiel, daß man von Schokolade Pickel bekommt, der Storch die Kinder bringt und vieles mehr. Daß man statistische Korrelation und kausalen Zusammenhang aber so leicht verwechselt! Einen kleinen Teil der Probleme, die wissenschaftliche Studien beim unbedarften Leser anrichten können, kann man u.a. hier nachlesen. Ziemlich viel Unfug kann man mit wissenschaftlichen Studien treiben, denn sie gelten als unwiderlegbar. Das sind sie natürlich, aber nur, wenn man sie richtig interpretiert, und sich nach den kausalen Zusammenhängen erkundigt, die den statistischen Korrelationen zugrundeliegen. So kann man tatsächlich statistisch nachweisen, daß Störche die Kinder bringen, weil beide bevorzugt im Frühjahr erscheinen. Einen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Erscheinen der Störche und dem Erscheinen der Kinder gibt es natürlich nicht. Wenn die Zeitung aber über eine wissenschaftliche Studie berichten würde, die einen statistischen Zusammenhang zwischen dem Erscheinen der Störche und dem Erscheinen der Kinder belegte, dann würden Zeitungsleser tatsächlich glauben, daß die Störche die Kinder brächten. So kann man Zeitungsleser dahin bringen, dummes Zeug zu glauben, und dabei bei der Wahrheit bleiben. So funktioniert Sarrazins Propaganda. So etwas nenne ich Statistismus. Das ist bewußtes oder unbewußtes Täuschen mit Statistik. Sarrazin verbittet sich jeden Einspruch, da doch seine Argumentation angeblich wissenschaftlich untermauert wäre. Das hier dargestellte Problem vernachlässige ich jetzt mal.
Diesen Begriff "Statistismus" habe ich mir ausgedacht, genau wie den Begriff "grüner Matriarchalismus". Ich denke mir gern Begriffe aus. Meine neueste Wortschöpfung habe ich analog zum Begriff "Biologismus" gebildet. Biologie gehört genau wie Statistik zu den exakten Wissenschaften. Ihre Gründe sind unwiderlegbar. Ihre Schlußfolgerungen aber sind häufig falsch. Somit kann man auch mit Biologie Zeitungsleser täuschen und indoktrinieren. Davon berichtet u.a. hier Antje Schrupp.
Die Biologie sagt: Menschen sind Affen. Menschen und Affen haben gemeinsame Vorfahren. Menschen haben vieles mit Affen gemein. Deshalb werden Affen gern als Modell zu Tierversuchen und zur Erörterung menschlichen Verhaltens herangezogen. So weit ist alles richtig. Verkehrt wird Biologie, wenn man die Unterschiede vernachlässigt. Menschen sind die einzigen Affen, die sprechen und denken können. Theodosius Dobzhansky meinte: "Nichts hat in der Biologie Sinn, außer man betrachtet es im Lichte der Evolution". Ich hoffe, ich zitiere Ferdinand Knauß richtig. Welchen Sinn hat Sprache und Denken? Die für Menschen so typischen menschlichen Gesellschaften benötigen den Verstand und Sprache. Menschen pflücken nicht das, was sie zum Leben benötigen, einfach vom Baum, wie es Affen tun würden. Menschen sind auf die Gesellschaft dringend angewiesen, weil, das, was Menschen benötigen, von der Gesellschaft produziert werden muß. Ohne die arbeitsteilige Wirtschaft könnten Menschen in Deutschland nicht überleben. Damit menschliche Gesellschaft funktionieren kann, sind die Menschen mit Gewissen und sozialen Bedürfnissen ausgestattet. Diese menschliche Gesellschaft bildet neben der biologischen Bewegungsform eine eigene Bewegungsform. Menschen haben sich im Laufe der Evolution aus einfacheren Lebewesen entwickelt. Daneben entwickelt sich auch die menschliche Gesellschaft von niederen zu höheren Formen, von der Gesellschaft der Jäger und Sammler zum modernen Industriekapitalismus.
Biologismus bedeutet, diese gesellschaftliche Entwicklung nicht zur Kenntnis nehmen zu wollen. Das falsche Dilemma "nature vs. nurture", vgl. Christian, ist eine Ausprägung dieser Ignoranz. Biologismus beruht also nicht auf Biologie sondern auf Ignoranz. Biologismus ist es, wenn man Patriarchat nicht als ökonomische Kategorie versteht, und nur biologische Gründe im Geschlechterdiskurs akzeptiert, weil man von menschlicher Gesellschaft nichts wissen will. Biologismus ist es auch, die Schlechtigkeit der Welt mit der Herrschaft eines genetisch minderwertigen Geschlechts zu erklären. Biologistisch ist natürlich auch Sozialdarwinismus, also die Auffassung, daß Bürger sozial schwach seien, weil sie die Sozialschwäche vererbt hätten, und physisch ausgerottet gehören. Natürlich gehören auch die Rassentheorien zu biologistischen Scheinargumentationen.
Biologismus hat schwerwiegende Folgen, wie wir sehen. Man kann verstehen, daß Menschen auf statististische und biologistische Argumente böse reagieren. Leider nützen Affekte in Diskussionen nicht viel. So wappne ich mich mit Vernunft gegen die Angriffe gegen mich bekennenden Gutmenschen und hoffe, daß dieser Blogpost dabei behilflich ist.